Aus der Ortsgeschichte
Das Dorf Ettenbeuren liegt in reizvoller Landschaft im Herzen des Landkreises Günzburg mit seinem „Schwäbischen Barockwinkel“, wie dieser Bereich des bayerischen Regierungsbezirkes Schwaben wegen seines Reichtums an barocken Kunstwerken liebevoll genannt wird. Durch seine Lage an der Kreuzung zweier Staatsstraßen hat der Ort vor allem verkehrsmäßig eine gewisse Bedeutung. Ettenbeuren wurde im Zuge der „Kommunalen Gebietsreform des Freistaates Bayern“ am 1. Juli 1972 in die heutige politische „Gemeinde Kammeltal“ eingegliedert und wegen seiner Zentralität als Verwaltungssitz auserkoren. Die Gesamtkommune setzt sich aus 9 ehemals selbständigen Gemeinden zusammen und umfasst neben Ettenbeuren die Orte Egenhofen, Unterrohr, Reifertsweiler, Goldbach, Hartberg, Wettenhausen, Kleinbeuren, Hammerstetten, Ried, Behlingen, Keuschlingen und Waldheim, nachdem sich deren Bewohner in freier Wahl mit deutlicher Mehrheit für diesen Zusammenschluss entschieden.
Die Landschaft wurde durch die Ströme der Eiszeit geformt und ist geprägt von der „Kammel“ (auch „Kammlach“ genannt), die teilweise einen für sie typischen mäanderförmigen Flußlauf in süd-nördlicher Richtung aufweist und bei Offingen in die Mindel mündet. Das Flüsschen ist in einem bis zu 2 km breiten Flachtal eingebettet, das durch sanfte, bewaldete Höhenzüge zu den Tälern der Mindel und Günz hin begrenzt wird. Die Talsohle liegt etwa 460 m über dem Meeresspiegel und besteht zum größten Teil aus fruchtbarem Boden, der für Ackerbau gut geeignet ist.
Die ältesten Spuren menschlicher Ansiedlung im Kammeltal reichen bis in die „Hallstattzeit“ zurück und deuten auf eine Urbesiedelung durch die Kelten in der Zeit von 750 bis 450 vor Christus hin. Zeugen dieser Epoche sind viele noch erhaltene Hügelgräber bei Ettenbeuren und Wettenhausen sowie eine gut erkennbare keltische Viereckschanze im „Lärchenfeld“ bei Egenhofen. Im Zeitraum um Christi Geburt besetzten die Römer das Land und bestimmten jahrhundertelang die Geschichte und Kultur. Zahlreiche römische Bodenfunde und Gebäudereste bestätigen dies eindrucksvoll. Zwischen Augusta (Augsburg) und Guntia (Günzburg) verlief einst eine alte Römerstraße, die das Kammeltal durchquerte.
Nach dem Rückzug der römischen Besatzungen strömten im 4. und 5. Jahrhundert die Alemannen (Vorfahren der Schwaben) in den Donauraum. Dieser westgermanisch-suebische Volksstamm schuf in der mittelalterlichen Epoche der „Landnahme“ die ersten geschlossenen Siedlungen im Kammeltal. Im 7. und 8. Jahrhundert wurden die Alemannen nach und nach von den Franken unterworfen und gleichzeitig christianisiert.
Die nachweisliche Entstehung von Ettenbeuren geht ins 10. Jahrhundert zurück. Aus einer alten schriftlichen Aufzeichnung geht hervor, dass der Ort unter dem ursprünglichen Namen „Uttonsbüron“ (= Häuser des Utto) als Tochtersiedlung von Kleinbeuren im Jahr 955 gegründet wurde. Dies geschah unter der Herrschaft der Karolinger, einem fränkischen Adelsgeschlecht aus dem Mosel-Maas-Raum.
Auch das nördlich benachbarte Kloster Wettenhausen entstand zu dieser Zeit und erhielt seinen Namen angeblich vom Alemannenfürst „Wetticho“. Einer Sage zufolge soll 982 die Gräfin Gertrud von Roggenstein ihren Söhnen Konrad und Wernher die zur Klostergründung benötigten Grundstücke mit List abgenommen haben. Die „Herren von Roggenstein“ waren Regenten der „Grafschaft von Burgau“ und hatten ihren Sitz am heutigen „Kalvarienberg“. Eine gut erhaltene Urkunde besagt, dass „Godefridus de Uttenbeuren“ 991 einen Hof und 9 Morgen Land „den Brüdern von Wettenhausen zum Heil seiner Seele vermacht“ hat.
Nach der eigentlichen Stiftung im Jahr 1130 wurde das Kloster Wettenhausen unter der tatkräftigen Leitung der „Augustiner Chorherren“ zu einem Mittelpunkt geistigen Lebens. Es beeinflusste wesentlich die Entwicklung und Geschichte Ettenbeurens und der umliegenden Orte. Zahlreiche schriftliche Überlieferungen besagen, dass die Gutsbesitzer im 12. bis 15. Jahrhundert häufige Verkäufe und reichliche Schenkungen aus religiösen oder politischen Gründen an das Kloster machten.
Die sogenannte „Schirmvogtei Uttensbüron“ gehörte zunächst zum damaligen „Herzogtum Bayern“, was noch erhaltene Schenkungsurkunden von Kaiser Friedrich II. von Schwaben und Kaiser Friedrich Barbarossa belegen. Lange Zeit hatten die „Ritter von Roth“ die Herrschaft über die meisten Orte des Kammeltals. Sie bewohnten eine Burg in der Nähe von Ettenbeuren am heutigen „Schlossberg“, welche vermutlich 1324 während der Belagerung der damals österreichischen „Markgrafschaft Burgau“ unter König Ludwig IV. von Bayern zerstört wurde. Der westlich von Ettenbeuren gelegene kleine Ort Reifertsweiler wurde 1352 unter dem Namen „Rempretzweiler“ erstmals urkundlich erwähnt.
Im Jahr 1525 geriet das Land in den „Bauernkrieg“, der aus Unzufriedenheit über die strenge Lehensherrschaft und die Unerträglichkeit der damaligen äußerst rigorosen Gerichtsbarkeit entstand. Er brachte auch über das Kammeltal Armut und Verschuldung.
Das Kloster Wettenhausen erhielt 1566 die „Reichsunmittelbarkeit“ und wurde direkt dem „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ und der Herrschaft „Markgräflich-Burgauischer Vögte“ unterstellt. Durch die Tüchtigkeit der jeweiligen Klostervorsteher (Pröbste oder Prälaten) erstreckte sich das Klosterterritorium in seiner Blütezeit über das mittlere und untere Kammeltal mit dessen näherer Umgebung. Es bestand damals aus 18 Dörfern, in denen über 5000 Menschen als Klosteruntertanen lebten.
Im 17. und 18. Jahrhundert durchlebte das Land große Kriegswirren. Der „30-jährige Krieg“ (1618-1648), der „Türkenkrieg“ (1688), der „Spanische Erbfolgekrieg“ (1700-1714) und die „Napoleonischen Kriege“ (1789-1815) beeinträchtigten auch das Land an der Kammel. Sie brachten dem Klostergebiet und seiner Bevölkerung Leid und Elend in hohem Maße durch Tod, Plünderungen, Abgaben und Kriegsschäden.
Die Errichtung der katholischen Pfarrkirche Ettenbeuren geht in das Spätmittelalter zur Zeit der Gotik zurück. Sie trägt den Namen „Sankt Mariae Himmelfahrt“, wurde am westlichen Ortsrand am Ufer der Kammel erbaut und mit einem Friedhof umgeben. Die Kirche stand stets in enger Beziehung mit dem Wettenhausener Chorherrenstift. Chor und Turm wurden in den Jahren 1672 bis 1684 erneuert, 1764 bis 1766 erfolgte die Verlängerung des Langhauses unter Einflussnahme des Stiftsbaumeisters Josef Dossenberger.
1803 wurde das Kloster Wettenhausen Opfer der „Säkularisation“ und ging samt seiner Eigentümer als „Baierisches Lehen“ in staatlichen Besitz über. 1806 kam Ettenbeuren urkundlich zum damaligen „Königreich Bayern“ und später zusammen mit den anderen Orten des Kammeltals unter die Herrschaft der „Freiherren von Aretin“, die auf Schloss Neuburg ihren Sitz hatten.
Im Jahr 1843 gründete der damalige Schullehrer und Gemeindeschreiber Franz Johann Geiger den „Cäzilia-Musikverein“ und setzte dadurch die große Blasmusiktradition von Ettenbeuren in Gang. 1849 wanderten mehrere Ettenbeurer Bürger aus religiösem Anlass nach Nordamerika aus und gründeten in Milwaukee am Michigansee einen Missionsorden und das Kloster Neu-Köln. 1865 erwarb der Orden der „Dominikanerinnen“ aus Augsburg die Wettenhausener Klosteranlage und gründete hier die erste Lehrerinnenbildungsanstalt in Schwaben.
Durch den „Deutsch-Französischen Krieg“ (1870/71) verlor die Pfarrei Ettenbeuren 9 Männer während der Feldzüge bei Sedan und Orleans. Weit erheblicher wütete der „Erste Weltkrieg“ (1914-1918) in den Reihen der Bevölkerung, denn es waren 71 Gefallene und Vermisste zu beklagen. Trotz dieser Kriegsverluste waren in der Zeit vor und nach der Jahrhundertwende zahlreiche ortsgeschichtlich wichtige Ereignisse zu verzeichnen, darunter die Gründung einiger Feuerwehren, Veteranen- und Schützenvereine, die Erstellung eines Schulgebäudes und eines Kriegerdenkmals, der Ausbau der Ortsverbindungsstraßen und der Stromversorgung, die erste Flurbereinigung, die Regulierung der Kammel und die Einrichtung von Poststellen.
Der schreckliche „Zweite Weltkrieg“ (1939 - 1945) brachte auch in Schwaben Tod und Verderben über die Bevölkerung, das gesellschaftliche und kulturelle Leben kam zum Erliegen. Erst allmählich traten wieder Normalität und Wirtschaftswachstum ein. In der Nachkriegszeit wurden in Ettenbeuren unter anderem eine neue Kammelbrücke und ein Grundschulgebäude errichtet. Später entstanden dann ein bedeutender Gewerbebetrieb (ehem. Schobel-Klimatechnik, später Kober-Fahrzeugtechnik) als größter örtlicher Arbeitgeber für die etwa 1100 Ortseinwohner, das Kammeltaler Rathaus mit Feuerwehr- und Verwaltungsgeschoss, ein Kindergartengebäude und andere wichtige kommunale Anlagen. Des weiteren wurde 1983 in Ettenbeuren ein bundesweit anerkanntes Seminarhaus eröffnet, dessen Leiter Dr. Baldur Kirchner mittlerweile sogar die Ernennung zum Honorarprofessor erreichte. In dieser Zeit waren auch der Bau einer Pfarrhofanlage mit Jugendheim und eine umfangreiche Renovierung der Pfarrkirche zu verzeichnen.
Die damals eigenständige „Katholische Pfarrei Ettenbeuren“ umfasste neben dem Pfarrsitz die Orte Egenhofen, Unterrohr, Reifertsweiler, Goldbach und Hartberg. Dabei konnten die Pfarrer Josef Steiner, Josef Leuchtenstern, Max Ostheimer, Adam Köpf, Rudolf Küble, Otto Dünser und Josef Pachler die längsten Amtszeiten aufweisen.
Zur Erinnerung an die Deutsche Wiedervereinigung erfolgte am 3. Oktober 1990 unter großer Beteiligung der Bürgerschaft und Mitwirkung der örtlichen Vereine die Pflanzung einer Dorflinde am Ettenbeurer Kirchplatz. Außerdem erhielten zwei nahegelegene Kirchen- und Schulwege die Namen von Pfarrer Küble und Lehrerin Josefa Jäger, um deren große Verdienste für das geistige Wohl der örtlichen Bevölkerung nachträglich zu würdigen. 1992 wurde neben der Sportanlage „Kammeltalstadion“ unter Mithilfe der örtlichen Vereine eine gemeindliche Bauhofhalle errichtet und auch für Dorffestveranstaltungen verwendet wird. Einige Jahre später wurde im Neubaugebiet südlich dieser Halle die „Ottilie-Dirr-Straße“ eingeweiht zur Erinnerung an die aus Ettenbeuren ausgewanderte Gründerin des ersten amerikanischen Franziskanerordens.
Seit 1992 bilden die Pfarreien Ettenbeuren, Wettenhausen und Behlingen die „Pfarreiengemeinschaft Kammeltal“, die vom Katholischen Pfarramt Wettenhausen verwaltet wird. Als Gemeinschaftspfarrer amtierten bisher Fritz Kanert, Johannes Kuen, Manfred Sieglar und Dr. Jacob Nangelimalil (gebürtig aus Indien).
Das neugeschaffene Gesamtgemeindegebiet „Kammeltal“ weist eine Nord-Süd-Ausdehnung von 12 km und eine Fläche von 42 qkm mit etwa 1000 Haushalten und 3250 Einwohnern auf. Mehrere gut ausgebaute Staats- und Kreisstraßen führen zu den nahegelegenen Städten Günzburg, Burgau, Ichenhausen und Krumbach. Die Klosteranlage Wettenhausen samt Stiftskirche und Kaisersaal, die Barockkirche in Ettenbeuren, die Rokokokirche in Hammerstetten und das aus dem 18. Jahrhundert stammende „Gasthaus zum Adler“ (Schweimeier) in Ettenbeuren gelten als bedeutendste Baudenkmäler in der Gemeinde. Ebenso erwähnenswert sind auch das gut besuchte Sankt-Thomas-Gymnasium, die Grundschulanlage mit Mehrzweckhalle in Wettenhausen und die am ehemaligen Bombenabwurf-Übungsplatz errichtete Friedenskapelle Waldheim. Mehrere Sportanlagen, Vereinsheime, Gasthäuser und Biergärten sowie ein gut ausgebautes Wander- und Radfahrwegnetz tragen zum Bürgerwohl bei. Als Kammeltaler Bürgermeister fungierten bisher Kurt Schmück, Manfred Grosche, Wolfgang-Dieter Els, Klaus Katschmarek und Christian-Konrad Wiesner. Im Jahr 2014 wurde der bisherige Kämmerer Matthias Kiermasz von allen drei politischen Gruppierungen innerhalb der Gemeinde als neuer Rathausschef vorgeschlagen und von der Bürgerschaft fast einstimmig gewählt.
Ein ausländischer Kaiser und Feldherr soll das Kammeltal einmal das Schönste genannt haben, dem er auf all seinen Feldzügen je begegnet sei. Den besinnlichen Betrachter erinnert es an die Worte des schwäbischen Heimatdichters Hyazinth Wäckerle:
„Grad recht isch des Ländle, it z´ mager, it z´ fett.
So liable, so g´mächle, mit oim Wort, halt nett.“