Vereinschronik in Kurzform
Die Blasmusiktradition von Ettenbeuren, dem Verwaltungssitz und Hauptort der heutigen Gemeinde Kammeltal, reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Am 10. Januar 1843 gründete der damalige Volksschullehrer und Gemeindeschreiber Franz Johann Geiger nachweislich mit landgerichtlicher Genehmigung den „Cäzilia-Musikverein“. Dieser hatte den in der Gründungsniederschrift „Pro Memoria“ verankerten Zweck, „die Pfarrkirchenmusik zur Ehre Gottes zu fördern und durch geselliges Vergnügen die Herzen und Gemüter zu veredeln“. Zwei Jahre später durfte der Verein sogar ein eigenes Siegel führen und erhielt daraufhin den Namen „Musikverein Lyra Ettenbeuren“. Der Vereinsgründer leitete auch selbst die Dorfmusikkapelle bis 1868, sein Nachfolger war der Landwirt Georg Zimmermann.
Im Jahr 1884 übernahm der einheimische Sattlermeister Dominikus Remmele die musikalische Leitung und hatte sie 61 Jahre lang bis zu seinem Tode 1945 inne. In dieser wohl einmaligen Ära schrieb er fast alle Notenbücher für die Musiker per Hand und griff mit seiner Trompete meist selbst in die Tasten, war aber auch als Geigenspieler tätig. Die „Kapelle Remmele“, wie sie im Volksmund genannt wurde, war weit über Ettenbeuren hinaus als eine der damals besten Dorfmusikkapellen bekannt und beliebt. Eine gut erhaltene Ehrenurkunde besagt, dass die Musikkapelle Ettenbeuren beim 1. Bezirksmusikfest in Günzburg teilnahm und dabei am 31. Mai 1925 beim „Wettspiel“ einen „1. Preis“ zuerkannt bekam. Im Zuge der Musikkapelle stand der ganze Verein seit seiner Gründung mit Ausnahme der Kriegszeiten meist in Blüte. In der ersten Zeit galten die jeweiligen Dirigenten auch als Vorstände des Vereins.
Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges war es der ortsansässige Schneidermeister Karl Vogele, der unter Mithilfe einiger anderer musikbegeisterter Männer die „Musikkapelle Ettenbeuren“ neu aufbaute. Im Jahr 1954 wurde auch der Verein wieder ins Leben gerufen und vom Reifertsweiler Landwirt Ottmar Thoma („Hasenbauer“) als Vorstand geleitet, bis er 1971 verstarb.
1973 erfolgte eine weitere Neugründung des Musikvereins durch den Ettenbeurer Altbürgermeister Johann Anwander, der dann bis 1981 als sehr rühriger Vorstand fungierte. Während seiner Amtszeit erfolgten der Beitritt zum Allgäu-Schwäbischen Musikbund, die Erstellung einer Vereinssatzung, die Eintragung beim Registergericht, die Anerkennung der Gemeinnützigkeit, der Ausbau eines Musikheimes mit Probenraum im ehemaligen Ettenbeurer Schulhaus, die Verleihung der PRO-MUSICA-Plakette für eine nachgewiesene 100-jährige Musiktradition durch den damaligen Bundespräsidenten Walter Scheel und die Ausrichtung des Bezirksmusikfestes 1976. Karl Vogele wirkte als Dirigent bis 1977 und wurde später zum „Ehrendirigent“ ernannt. Seine 30-jährige Tätigkeit war stets von großer Initiative und vorbildlichem Idealismus geprägt. Er bildete viele Jungmusiker aus und fertigte auch neue Musikertrachten an. In dieser Zeit waren zahlreiche Kapellenauftritte bei Eigenveranstaltungen, Vereinsfesten, Hochzeiten, Festumzügen und örtlichen Feierlichkeiten zu verzeichnen. Des weiteren sind einige Musikreisen, unter anderem nach Bremen, Vorarlberg, Oberösterreich, Wien und Südtirol erwähnenswert. Für die Musikkapelle wurde die neue Bezeichnung „Kammeltaler Blasmusik Ettenbeuren“ kreiert. Hierzu stiftete der Vereinskamerad Georg Danner eine Vereinstafel, die nach einem Entwurf des Kunstlehrers Theodor Krötzinger vom Ichenhausener Schnitzer Ludwig Vogele als Unikat ausgearbeitet wurde.
In den Jahren 1978 bis 1987 fungierte der beim Bundesmusikkorps Ulm tätige Berufsmusiker Roland Fischer als angestellter Dirigent und brachte die Musikkapelle zu neuen Höhen. Nach dem Rücktritt von Johann Anwander leitete 1982 Adolf Nikodem aus Egenhofen den Verein, ihm folgte 1983 bis 1987 der bewährte Schlagzeuger Adam Schade aus Ettenbeuren.
Seit 1988 bekleidet der aus Oberösterreich gebürtige Bauingenieur und Musiker Gottfried Fiala den Vorsitzposten. Er gehörte seit der letzten Neugründung bereits der Vereinsvorstandschaft als Schriftführer an und ist zusätzlich als Chronist und Archivar tätig. Als bedeutendste Maßnahmen unter seiner Regie können vor allem die Neufassung der Vereinssatzung, die kräftige Forcierung der Jugendausbildung, die Beschaffung einer Verstärkeranlage, eine Musikreise nach Spanien (Oktoberfest in Callela), die Erneuerung der Musikheimküche und die Einkleidung der Musikkapelle mit der heutigen Tracht angeführt werden. Außerdem war er Initiator und Hauptorganisator des nachstehend beschriebenen großen Musikfestes.
Im Jahr 1993 feierte der Musikverein sein 150-jähriges Gründungsjubiläum und wurde aus diesem Anlass zum zweitenmal (nach 1976) mit der Ausrichtung des Bezirksmusikfestes beauftragt. Dieses Ereignis wurde vier Tage lang gebührend gefeiert und gilt als einzigartiger Höhepunkt in der bisherigen Vereinsgeschichte. Das Fest begann mit einem Sternmarsch der vier Nachbarmusikkapellen samt Eröffnungsserenade auf der Ettenbeurer Hauptkreuzung und setzte sich fort mit einem Blasmusikabend der Jubiläumskapelle (unter Dirigent Andreas Reiter) im Festzelt am Riedweg. Am darauffolgenden Samstag wurde die Festkapelle aus dem Markt Asten bei Linz (Heimatort von Gottfried Fiala) feierlich empfangen, danach folgten ein Seniorennachmittag des Landkreises mit dem Kammeltaler Akkordeonorchester (unter Leitung von Marianne Baldauf), ein Festakt im Sportheim und ein Gastkonzert der Festkapelle Asten. Am krönenden Festsonntag erfolgten ein Weckruf der Jubiläumskapelle, ein Kirchenzug der Kammeltaler Vereine, der Festgottesdienst mit anschließendem Frühschoppenkonzert der Musikkapelle Autenried, ein beeindruckender Gemeinschaftschor mit über 1000 teilnehmenden Musikerinnen und Musikern, ein farbenfroher Festumzug mit insgesamt 110 Gruppen (davon 41 Blaskapellen) durch den fahnengeschmückten Ort, ein Gastspiel der befreundeten Musikkapelle Herbrechtingen und ein Nachbarschaftsabend mit den Musikkapellen Wettenhausen und Behlingen-Ried. Den Abschluss des schönen Musikfestes bildete ein „Großer Countryabend“ mit der berühmten Hamburger Band „TRUCK STOP“. Als Schirmherr fungierte der damalige Landrat und Bezirkstagspräsident Dr. Georg Simnacher (aus Günzburg), der dem Jubiläumsverein anlässlich des Festaktes eine hochwertige Lyra als Geschenk des Landkreises überreichte. Weitere prominente Ehrengäste waren der seinerzeitige Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel (aus Oberrohr), Staatsregierungssekretär Dr. Alfred Sauter (aus Ichenhausen), Musikbundpräsident und Landtagsabgeordneter Prof. Karl Kling (aus Krumbach), Bundesdirigent Dieter Böck (aus Dillingen), Bezirksvorsitzender Alois Brunhuber (aus Remshart), Bezirksdirigent Kurt Erich Schmid (aus Waldstetten) und der Kammeltaler Bürgermeister Klaus Katschmarek. Ebenso nahmen Kapellmeister Günther Tauber, Obmann Hermann Fiala und Ehrenobmann Leopold Reisinger als Vertreter der Festkapelle Asten und die Ettenbeurer Ehrenmusiker am Festakt teil, bei dem der Jubiläumsverein für sein 150-jähriges Bestehen mit der „Silbernen Medaille am weißblauen Band“ des Allgäu-Schwäbischen Musikbundes ausgezeichnet wurde. Bei den im Rahmen des Bezirksmusikfestes abgehaltenen Konzertwertungsspielen konnten insgesamt 23 teilnehmende Musikkapellen in 5 Leistungsstufen verzeichnet werden, außerdem erfolgte während des Festumzuges eine Marschmusikbewertung als Pilotprojekt.
Zur gleichen Zeit wurde auf Initiative der Bürgermeistertochter Michaela Katschmarek (später verheiratete Müller) von den Musikvereinen Ettenbeuren und Wettenhausen eine gemeinsame Jugendkapelle gebildet und von der Jugenddirigentin 22 Jahre lang in idealistischer und erfolgreicher Weise geleitet.
Entsprechend der letztgültigen Satzung (1990 inkraftgetreten) trägt der Verein nunmehr den Namen "Musikverein Kammeltaler Blasmusik Ettenbeuren 1843 e.V." und hat den Zweck, "die örtliche Musikkapelle zu erhalten, zu fördern und auszubauen, um durch Pflege der Blasmusik einen Beitrag zur bodenständigen Kultur und zum heimatlichen Brauchtum zu leisten". Die Gesamtheit des Musikvereins gliedert sich in Aktive Mitglieder, Fördernde Mitglieder und Ehrenmitglieder und wird in der Regel von einer achtköpfigen Vorstandschaft betreut, davon sind jeweils der 1., 2. und 3. Vorstand (Vereinsvorsitzender mit Stellvertreter und Kassier) beim zuständigen Registergericht Memmingen eingetragen. Der satzungsmäßige Vereinszweck wird vor allem umgesetzt durch die Veranstaltung von Mitgliederversammlungen, Blasmusikkonzerten und Dorffesten, Ausbildung von Jungmusikern und zahlreiche musikalische Einsätze bei gemeindlichen, kirchlichen und privaten Feierlichkeiten. Als jährliche Vereinstraditionen gelten das „Choralspielen“ an Allerheiligen zu Ehren der Verstorbenen und das „Silvesterspielen“ als Überbringung von musikalischen Grüßen zum Jahreswechsel in Unterrohr, Egenhofen, Reifertsweiler und Ettenbeuren. Komplettiert wird der Aktivitätsumfang durch auswärtige Gastspiele der Musikkapelle in den Nachbarorten und im Landkreisbereich sowie sporadische Vereinsausflüge.
Während der 27-jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit von Gottfried Fiala als 1. Vorstand waren folgende Dirigenten mit der Leitung der Musikkapelle beauftragt: 1988/89/90 Roland Schade, 1991 Ludwig Rügamer, 1992/93 Andreas Reiter (aus Ried), 1994 bis 1997 Anton Baumgartner (aus Freihalden), 1998/99 Johann Seybold (aus Burgau), 2000 Anton Baumgartner und 2001 bis 2005 Jürgen Kaltenegger (aus Aislingen). Seit 2006 wird die Blaskapelle nunmehr vom langjährig bewährten Trompeter und Flügelhornisten Ernst Schade geleitet. Sie hat meist eine Stärke von 20 bis 25 Musikerinnen und Musikern, wobei traditionelle, unterhaltende und kirchliche Musikstücke die Schwerpunkte im Repertoire bilden.